Donnerstag, 5. Juli 2007

evidence of creation

Geschrieben von sjAlfur unter sjÁlltag

Gerade bei Kulturzeit einen Wissenschaftler gesehen, der mal wieder eindruckvoll bewiesen hat, wie ignorant gewisse Debatten mittlerweile geführt werden. Es geht um den Fall der hessischen Kultusministerin Karin Wolff, die gefordert hatte, den Schulunterricht um Aspekte der christlichen Schöpfungsgeschichte zu erweitern. Insbesondere im Fach Biologie öffnet das der schon seit langem - vor allem mit Blick auf die USA - geführten Diskussion um das kreationistische Glaubensmodell damit eine Tür zum nächsten großen Aufreger, der medial mit Freuden angenommen wird.

Wolff hatte festgestellt, wie viele Übereinstimmungen es zwischen christlicher Schöpfungsgeschichte und biologischer Evolutionstheorie gibt, und sieht darin die Begründung, auch im Biologieunterricht diese Fragen zu erörtern.

Wissenschaftler und politische Opposition (letztere natürlich auch aus Prinzip) fürchten nun den Einfall der kreationistischen Horden, die die Jugend irreleiten. Ob man die Äußerungen Wolffs als glücklich bezeichnet, oder es besser lässt, sei mal dahingestellt, auch legt die Mitgliedschaft in einer Partei, die nach wie vor ein "C" im Namen trägt, gewisse Vermutungen nahe.

Davon aber abgesehen folgte bei Kulturzeit der Paradeauftritt der angestaubten Wissenschaftssicht, die ebensowenig zeitgemäß wie haltbar ist, an der sich aber noch immer emsig festgeklammert wird. Da war ein Biologe im Interview, der vehement gegen jeglichen Einfluss philosophischer und ethischer Ansätze auf den Biologieunterricht ins Feld zog, die Wichtigkeit des Vermittelns von "Faktenwissen" (bei der EvolutionsTHEORIE...) aufs Podest hob und die Messbarkeit seines Weltbilds predigte.

Das Problem ist: Solche Leute stehen auf einem Standpunkt, der für den Großteil des nicht wissenschaftlich eingebundenen Zuschauerkreises logisch erscheint, und demgegenüber einerseits die Glaubensvertreter stehen, die mit ihrer fundamentalen Ansicht mindestens ebenso schlimm sind und sich ganz offensichtlich in nachvollziehbare Logikprobleme verstricken (siehe die Kreationisten, die in ihrem Museum Wege suchten, die Dinosaurier so einzubauen, dass sie in die Schöpfungsgeschichte passen... also auch mit Menschen gleichzeitig lebten...). Auf der anderen Seite sind da die Wissenschaftler, die nicht mehr auf dem Stand der Siebziger sind, in der es noch die guten alten Fakten gab, in der man noch mit Messskalen und Laborversuchen jegliche Empirie widerlegen konnte. Aber diese Leute argumentieren weniger eindeutig, sie brauchen größere gedankliche Konstrukte um ein Problem einzuschätzen, Konstrukte, für die der Platz in einem fünfminütigen Interview nicht ausreicht.

Wir leben in der Wissenschaft spätestens seit den frühen Achtzigern mit den interpretativen Ansätzen, der Postmoderne und weiteren lustigen Errungenschaften, die jedoch kaum bei allen Studenten ankommen, teilweise nicht mal wirklich in allen wissenschaftlichen Disziplinen.

Das liegt aber auch daran, dass wir nach wie vor von klein auf absolute Weltbilder erlernen. Die Schule vermittelt Wissen. Fakten. Warum? Naja, ist halt Schule. Würde die Schule entsprechend dem aktuellen wissenschaftlichen Stand dazu übergehen, Dinge in Frage zu stellen bzw. zur kritischen Sichtweise anregen, würde es in Zukunft vielleicht eine größere Sensibilität für solche Dinge geben.

Vor allem muss die Evolution aus unseren Köpfen verschwinden, und zwar nicht die biologische, sondern die kulturelle. Wie oft sieht man immer noch Menschen, die glauben, an "Ureinwohnern" zu sehen, wie wir vor Jahrhunderten gelebt haben, die unsere Wissenschaft als die höchste ansehen, weil wir die kompliziertesten Messgeräte und längsten Formeln haben...

Damit das nicht falsch verstanden wird, ich denke auch, dass der Biologieunterricht in erster Linie dazu da sein sollte, die großen biologischen Zusammenhänge zu erklären, aber NUR unter Einbeziehung der Klarstellung, dass ALLES was in der Schule vermittelt wird (egal welches Fach) subjektives Wissen unserer Kultur ist. 1 + 1 ergibt 2 weil unsere Kultur es irgendwann mal so definiert hat.
Axiome wurden uns als unumstößliche Fakten dargestellt, sie sind es aber nur deshalb, weil z.B. die Mathematik diese Fakten braucht, um überhaupt existieren zu können. Dass sie als möglichst genaue Abbilder natürlicher Gesetzmäßigkeiten (nicht mit den sog. "Naturgesetzen" zu verwechseln) angelegt sind, und dass unserer Ansatz kein ganz schlechter sein kann, wenn wir es auf diesen Grundlagen doch schon so weit gebracht haben, darf man dabei ja gerne erwähnen, aber das heißt nicht, dass es die einzigen gültigen Ansichten sind.

Die Mathematik zeigt doch alleine schon mit der projektiven Geometrie, dass man Dinge auch mit unterschiedlichen Sichtweisen sehen muss, warum wird nicht endlich mal richtig vermittelt, dass Quellenkritik nicht nur historische Texte oder die Medien, sondern auch jede Art von Lehrmeinung betreffen muss?

Zurück zum Biologie-Unterricht und dem Glauben. Ein anerkannter Wissenschaftler hat mal gesagt, dass es für ihn einen Punkt gab, an dem seine wissenschaftliche Sicht nicht weiter in die Tiefe gehen konnte. Er war sich sicher, dass es irgendwann in der Zukunft mit neuen Mitteln weiter erforschbar wäre, aber an dem Punkt, an dem für ihn die maximale Sichtweite erreicht war, war er sich sicher, dass es eine übergeordnete Kraft geben muss, die diese Dinge so angeordnet hat. Es kann kein Zufall so groß sein, dass diese Anordnungen von Atomen zu solch komplexen Strukturen führt wie dem menschlichen Organismus. Dort wo sein wissenschaftlicher Horizont aufhörte, war es an der Zeit, Gott zu sehen.
Dieser Wissenschaftler hieß Albert Einstein, und was er damit gezeigt hat (übrigens nicht als erster...), ist die Koexistenz von messbarer Wissenschaft und gedanklichen Ansätzen. Mittlerweile befinden wir uns weit unter der atomaren Ebene und kennen die Quantentheorie, und trotzdem gibt es einen Punkt, der wieder die Frage nach der Ordnung aufwirft...

Der ideale Biologieunterricht wäre, den Schülern die wichtigen Fakten beizubringen und ihnen gleichzeitig zu zeigen, dass auch der neueste Stand der Technik nicht naturgegeben sondern menschengeschaffen ist. Ebenso wie in den Bereichen von Kulturwissenschaft. Denn wenn die Lehrer sich da nicht reindenken, wie sollen es die schüler können? (Zitat unseres Mathelehrers: "Kreativität ist der Deckmantel der Unwissenheit." - Es ging dabei um einen alternativen Lösungsansatz einer komplexen Aufgabe, der zum selben Ergebnis führte, aber nicht den mathematischen standards entsprach... wobei es sicher richtig ist, diese Standards in der Schule beizubringen, um den Schülern den Einstieg in diese Wissenschaftsform zu ermöglichen.)

Aber solange Wissenschaftler wie auch Glaubensvertreter reine Fundamentalisten sind, wird die Debatte weiter so geführt und verkommt zur internationalisierten Sitcom...


sjÁlfur

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AiHua - 5. Juli, 21:29

Dieses Interview war wirklich symptomatisch und hätte richtig gut werden können, wenn der Interviewpartner sich als solches und nicht als Moderator gesehen hatte, denn dieser (auch von der Wissenschaft kommend) hatte eine andere Meinung, stellte sie aber zurück. Leider in diesem Falle.

sjAlfur - 6. Juli, 16:32

Das Problem ist, dass der Moderator höchstwahrscheinlich dazu angehalten ist, sich als Moderator zu verhalten, denn die Zeitspanne des Interviews gibt nicht wirklich Raum für eine richtige Diskussion. Und anhand seiner Nachfragen konnte man ja doch sehen, dass er die Dinge nicht ganz so eindeutig sah...

Es ist halt schon schwer, solche Diskussionen im Fernsehen sinnvoll zu führen, nur gerade bei einer Berichterstattung der Tagesschau etwa, würde man sich in genau solchen Fragen etwas mehr Hintergedanke wünschen... Kulturzeit hat das meiner Meinung nach doch relativ gut gemacht...

erphschwester (Gast) - 6. Juli, 15:32

ich kann ...

... deine gedanken nachvollziehen. aber ich fürchte, es ist schon hart genug, dem landläufigen jugendlichen von heute den derzeitigen stand der wissenschaft zu vermitteln. ihm gleichzeitig klar machen zu wollen, daß da noch mehr "drin" ist und dies nicht der weisheit letzter schluß, daß gar philosophisches denken und kreativität zu anderen ergebnissen führen kann ... könnte diesen und jenen überfordern.

die gefahr im kreationistischen gedankengut sehe ich darin, daß es so schön einfach zu fassen ist und eben auch keine anderen möglichkeiten zuläßt.
insofern forderst du eine offenheit, die die kreationisten zu leben auch nicht bereit sind.

sjAlfur - 6. Juli, 16:25

Klar, deshalb finde ich die Kreationisten - unsachlich gesagt - ziemlich Scheiße. Das Problem ist nur, dass eben weil die so offensichtlich Scheiße sind, die generelle Meinung leicht zur Gegenposition tendiert, die ich aber ebenso als gefährlich ansehe.

Dass ich einem Siebtklässler nicht erzählen muss, wie die Postmoderne tickt, ist auch klar, ich denke auch nicht, dass die Schule - egal welcher Schulzweig - dazu da sein sollte, wissenschaftliche Theorie zu vermitteln, sowas lernt man dann ja an der Uni, wenn man das braucht, aber die Grundeinstellung wäre wichtig. Es soll kein Kind dazu verleitet werden, die einfache Addition oder das kleine Einmaleins infrage zu stellen, aber eine kurze, einfache Erklärung, auf welche Annahmen sich die Mathematik stützt, wäre schon sinnvoll.

Das Problem ist, dass die Lehrmeinung zu absolut hingestellt wird. Das geht dann soweit, dass z.B. Personen, die eigentlich ohne Probleme in der Lage wären, Dinge zu reflektieren, Unterrichtsinhalte in Diskussionen ohne drüber nachzudenken als Fakt hinstellen, mit der Begründung, der Lehrer hats ja gesagt. Später stellt sich dann raus, der Lehrer hat sich versprochen... sowas passiert, aber es muss klar sein, dass sich Lehrer, Schulbücher und im härtesten Falle auch mal die Wissenschaft irren kann.

Du hast schon recht, dass man sicher nicht zuviel wollen darf, aber in erster Linie soll das ja an die Lehrer gerichtet sein, denn viel mehr als vorgetragene Lehrinhalte prägt die Art und Weise, wie ein Lehrer damit umgeht und darüber spricht. Ich hatte zwei oder drei Lehrer, die in diese Richtung gingen (bezeichnenderweise in den Fächern Politik und Deutsch), und das prägt...

Das Problem hatte ich aber in meinem studium auch, wo ein Professor meinte, dass man der "normalen Bevölkerung" die aktuelle Wissenschaft ja nicht richtig näherbringen kann, also lassen wir es ganz... Seit den Siebzigern ist die Wissenschaft in dem Bereich erheblich komplexer und schwieriger geworden, aber dass man diese Ansätze komplett negiert, scheint mir irgendwie nicht richtig... Wozu haben wir sie dann...?

AiHua - 6. Juli, 16:32

Ach, ich denke schon, dass man das eine oder andere verbessern kann. Im Geschichtsunterricht bräuchte man durchaus nicht sosehr auf bestimmtes Faktenwissen zu beharren (was bringt es mir, dass ich genau weiß wann Rom aus dem Ei geschlüpft ist?) und dafür eher Quellenkritik mehr auszuüben. Und Quellenkritik ist ja auch nichts Neues, es wird nur nicht immer konsequent durchgezogen. Und dann wäre es gut, wenn man als Lehrer sagt, ich benutze diese Theroe, diese Methode, das ist meine Grundstruktur und die kommt daher (oftmals aus der Philosophie, Soziologie und Linguistik...Foucault lässt grüßen). Sicher, ich will nicht, dass die unbedingt alles über Begriff und Zeichen verstehen und auch nicht was Formalismus/Strukturalismus gegenüber dem der Dekonstruktion oder Systemtheorie ausmacht.... aber man sollte durchaus vermittelen, dass wenn man Darwin durchnimmt, welchen theoretischen Background er hatte und wie das heute gesehen wird. In der Schule wird zu häufig Schülern Wissen beigebracht, als wäre es unumstößlich.
Unddieser Schmu, dass die geisteswissenschaften nicht mit den anderen (den so viel objektiveren, weil empirischen) zu tun hätten, die haben genau die gleichen Gedankenebäude. Das heißt auch: "Das ist die Wahrheit, weil das sind Fakten"-Behauptungen falsch sind. Fakten werden immer intrpretiert, Feststellen ist immer eine interpretation! Das muss, wirklich muss klar sein.
sjAlfur - 6. Juli, 16:39

[sowas darf man nicht vergessen, das können wir clifford geertz wirklich nicht antun. (friede seiner asche.)]
erphschwester - 6. Juli, 16:39

ich versteh´dich wirklich gut

aber dann kommen wieder solche momente wie heute: eine kollegin fragte mich etwas (wir reden von juristerei). ich erklärte ihr meine meinung zur sache. was ich sehr betone. denn wir sind nicht mehr in der antike, wo alles zweifelsfrei und eindeutig ist. sie fragte in meinem beisein eine weitere kollegin, die meiner meinung war. und schließlich kam eine dritte, die sie auch gefragt hatte (verstand sie nicht, wollte sie nicht verstehen, suchte sie für ihr "bauchgefühl", das offenbar anders war, eine bestätigung oder aber endgültige sicherheit?), die wiederum anderer meinung war.

die kollegin, die fragte, die hätte, um das mal klar zu stellen, von anfang an die möglichkeit gehabt, ihre ganz eigene entscheidung zu treffen. aber sie suchte nach einer begründung für die einzige, echte und wirkliche wahrheit ... und außerdem jemanden, der den kopf dafür hinhält.

sie war übrigens die beste ihres jahrgangs ... (da allerdings reden wir nicht von hochschulabschlüssen.)

AiHua - 6. Juli, 16:47

Zum Verzweifeln, oder Abhaken. Das ist etwa so, wie die Leute, die an ein Bild von einen europäischen Maler herantreten, mich etwas fragen. Ich ihnen als (fast fertige) Kunsthistorikerin etwas vom Bild der Europäer vom Orient erzähle und sie dann glücklich zunicken und schließlich selbst sagen: Schau an, so war das damals im Orient und ist es vielleicht heute auch noch.
Wobei bei Dir die Kollegin einfach Deine Meinung nicht wahrhaben wollte, meine wurde einfach nur zur Seite geschoben, anders verstanden... was weiß ich.
sjAlfur - 6. Juli, 16:50

genau solche situationen geistern mir auch öfter im kopf rum. ich denke das problem dabei ist, dass es hier noch mindestens ein weiteres problem gibt (ohne in dem fall jetzt genau zu wissen, worum es geht), nämlich dass es heute eine art relativismus gibt, der unter umständen auch daraus entstanden sein könnte, dass man eben diese dinge falsch verstanden hat.
als ich mich mit den postmodernen ansätzen in meinem studium anfangs beschäftigt habe, dachte ich auch irgendwann, dass dann ja im prinzip jegliche art der interpretation zulässig sein muss, schließlich geht es hier um subjektive standpunkte. nur sollte das natürlich einerseits schon mit dem eigenen kulturkreis und dessen ethik und "common sense" einhergehen, und auf der anderen seite sollte - aber das ist jetzt ganz klar meine ansicht dazu - diese art von freier interpretativer meinungsbildung dazu führen, dass man eben diese meinung nach bestem eigenen wissen bildet und sich dabei bewusst ist, dass man auch falsch liegen kann, dass man für seine eigene meinung immer die verantwortung übernehmen muss.

das sehe ich nämlich ebenfalls als ein problem, dass viele vertretene meinungen sich auf das reine zitieren stützen, und wenn man dann falsch liegt, wird die schuld auf die quelle geschoben.
ähnlich ist es leider auch mit den medien, die lustig der BILD nachplappern (egal ob FAZ, SZ, Spiegel...), aber wenn es nach hinten los geht den schwarzen peter an das boulevardblatt abschieben.
wenn es da mal anfängt, dass personen, die verantwortung übernehmen und vorleben sollten, wie eben lehrer, medienschaffende, politiker, zumindest für die eigene meinung die verantwortung übernehmen würden, dann wäre das schonmal ein schritt in die richtige richtung.

mir ist klar, dass das wohl ziemlich idealisitisch ist, gerade im bereich der medien, die ja auch in der freien markwirtschaft stehen, usw... aber verantwortung für die eigene meinung und bewusstsein über die freiheit der eigenen meinung in jeglicher frage wäre zusammen keine so schlechte sache, denke ich...
erphschwester - 6. Juli, 16:55

ich denke,

pardon, es gibt heute zu wenige wirklich intelligente menschen (von der entscheidungsfreude mal ganz abgehsehen). wir, damals, spielten gern das spiel mit den möglichkeiten: was wäre wenn ... einfach nur, um zu erproben, was geht und was nicht. aber immerhin wußten wir, daß es nicht diese eine wirkliche und wahrhaftige wahrheit gibt. wir werfen unseren blick immer nur auf ausschnitte. das muß man erst einmal begreifen ...

sjAlfur - 6. Juli, 17:05

genau das meine ich. (und wenn man meinen beitrag plus die ganzen kommentare ordentlich erhitzt und das kondenswasser abfängt, müsste so ungefähr das dann auch rauskommen... hoffe ich). meine überlegung war eigentlich im ursprung nur die, dass man einen weg (wieder-)finden muss, dieses begreifen schülern auch zu ermöglichen. ich denke nämlich, dass viel menschen nciht so unintelligent wären, wenn sie die chance zu mehr entwicklung hätten. da aber sowas nur in kleinen schritten geht, fand ich die vorstellung ganz gut, dass die wissenschaftler selbst (und dazu zähle ich durchaus auch lehramtstudenten) den anfang machen...
erphschwester - 6. Juli, 17:18

merkwürdig ...

daß du jetzt von lehramtswieauchimmern sprichst. gerade eben auf dem klo (schulligung, natürlich interessiert keinen, wo ich denke) dachte ich, die ich dieser tage sehr viel mit lehrern zu tun habe, an mein gestriges gespräch mit einer französisch/sport-lehrerin, die meinte, es sei nicht so schlimm, daß es kaum noch musikunterricht gäbe ...
kann ja sein, daß es schlimmere lücken gibt (mir fiel dabei ein, und das sagte ich auch, daß es nur ein, zwei generationen braucht, wichtiges kulturelles wissen auf dieser strecke aussterben zu lassen), aber wer wohl entscheidet, was für uns wichtig ist? schließlich ist jedermans zugang zu den (intellektuellen) quellen dieser welt ein anderer. bis dahin hatte ich die dame nett gefunden, aber irgendwie beschlich mich hernach ein ungutes gefühl. gleichwohl befürchte ich, der bezug anderer lehrender zum wissen könnte ein ähnlich begrenzter sein.

AiHua - 6. Juli, 17:27

ihr sportfach ist hier zu lande ja auch fast ausgestorben... jedenfalls finde ich das immer wieder, wenn meine kleinen geschwister erzählen was sie im sport machen (und was ich gemacht habe... da sah es auch schon schlecht aus).
erphschwester - 6. Juli, 17:37

d a s ...

... meinte frau studienrätin auch. aber immerhin ist ihr fach mit 2 stunden wöchentlich vertreten, musik hingegen oftmals gar nicht.

AiHua - 6. Juli, 18:06

Außerdem finde ich die Bewertungschritierien von Sport einfach dumm (wahrscheinlich kann man das auch auf alle Fächer ausweiten), mehr gesagt ich finde Bewegung durchaus wichtig, aber das Fach als Schulform irgendwie mir ganz persönlich suspekt.
Seether - 7. Juli, 11:33

Hmmm...
Das ist tatsächlich das erste das mir dazu eingefallen ist. Und vor ab, sollte ich vielleicht mal meine eigene, zutiefst subjektive Meinung schildern, bevor ich zu irgendwas Stellung nehme:

Religionsunterricht hat meiner Ansicht nach in der Schule in keinster Weise irgendwas zu suchen. Weder in eigenes dafür eingerichteten Stunden, noch im Biounterricht. Im Ansatz darf man sich darüber vielleicht in Philo unterhalten. Ansonsten gilt: Wer seine Kinder unbedingt religiös erziehen will, soll sie gefälligst zur Kirche schicken.
Befasst man sich in der Schule damit, sollte es ausschließlich um Wissensvermittlung gehen. Zum Beispiel das der katholische Glauben komplett zusammen geklaut ist. Ich muss ein Blick darauf werfen, warum und mit welchen Mitteln dieser Glauben so groß geworden ist. Und so weiter und so weiter. Was ich in der Schule nicht tun darf ist, irgendeine Form der "Hinerziehung" vorzunehmen.

Es gibt im katholischen Glauben keinerlei Verknüpfungen mit der Evolutionstheorie. Das eine ist Wissenschaft, das andere Glauben. Glauben entsteht aus Unwissenheit heraus. Oh, Feuer... das muss ein übernatürliches Wesen geschaffen haben! Heute wissen wir es besser und glauben nicht mehr daran das es dafür ein übernatürliches Wesen bedarf. Dafür verlagert sich der Glauben nach hinten. Wir verstehen einiges in der Wissenschaft immer noch nicht, und schon ist irgendwer zur Stelle der es mit Gott rechtfertigt. Das ist natürlich zutiefst inkonsequent.

Aber zurück zum Thema. Ich habe dein Eindruck, wir verstehen dank Genforschung und erheblichen Mühen bezüglich dem buddeln im Dreck, die Evolution ganz gut. Natürlich fehlen uns wichtige Daten, aber wenn man sich mal vor Augen hält, wie schwer es für einen Knochen ist zu einem Fossil zu werden, dann ist es eigentlich recht erstaunlich das wir überhaupt irgendwas wissen. Aber wir tun es. Also warum muss ich auch nur in Erwägung ziehen, den Kindern noch irgendeine andere Theorie zu präsentieren? Natürlich sollte man gelegentlich darauf hinweisen das unser Wissensstand bei weitem noch nicht vollständig ist. Aber das er alles um uns herum um längen besser erklärt als ein übernatürliches Wesen das einen "Sohn" hatte der vor über 2000 Jahren übers Wasser gelaufen ist.

Richtig ist, die Wissenschaft vermittelt gerne den Eindruck das sie alles weiß und alles erklären kann. Oder wenigstens kommt es den meisten Menschen so vor. Aber warum ist das so? Liegt es vielleicht daran, das die Wissenschaft eben so vieles so viel besser erklären kann? Natürlich denkt sie sich für ihre Theorien ständig Parameter aus damit irgendwelche Berechnungen passen. Und daraus darf ich keinen Hehl machen. Auch wenn das leider immer wieder passiert. Aber ich darf auch nicht verschweigen das früher oder später entweder bewiesen wird das dieser angenommene Parameter richtig oder falsch war. Was mit unter ein paar Jahrzehnte dauern kann.
Aber selbst wenn ich alle Schätzungen, alle Vermutungen in der Wissenschaft abziehen, bleibt unterm Strich immer noch das bessere Bild der Welt. Und da fällt es mir ausgesprochen schwer nachzuvollziehen, warum etwas wie Religion auch nur im Ansatz eine Existensberechtigung daneben haben sollte. Wenigstens im Kontext Schule. Wie gesagt, dafür gibt es Kirchen. Die behaupten auch von sich, mit der Theorie eines allmächtigen Wesens wäre alles erklärt. Aber wir können wenigstens ein paar Beweise dafür anführen.

Was aber uneingeschränkt richtig ist, ist der Hinweis darauf das man sich in der Schule vor Endgültigkeiten bewahren sollte. Sicherlich ist ein viertel dessen was ich in der Schule gelernt habe, heute in der Form nicht mehr gültig. Aber Lehrer sind auch keine Wissenschaftler. Sie sind Leute die selbst von Lehrer irgendwas beigebracht bekommen und das dann weitergeben. Ich persönlich habe das Gefühl, das die Wissenschaft an sich, sich durchaus kritisch sieht. Wenigstens der Großteil ihrer Vertreter...

sjAlfur - 7. Juli, 13:23

Also erstmal geht es mir in keinster Weise um Religion. Religionsunterricht als moralische Erziehung halte ich ebenfalls nicht für tragbar, wobei Religion wie jeder andere Aspekt unserer Kultur in sachlich-betrachtender Weise schon in die Schule gehört, denn in Anbetracht dessen, was Religion alles ausgelöst hat, darf man das nicht ausklammern. aber das has du ja mehr oder weniger schon gesagt.

Auch geht es mir nicht so sehr um den Glauben (der von der Religion allerdings prinzipiell getrennt betrachtet werden sollte... oder zumindest eigenständig, trennen geht wohl kaum...), sondern um die Selbstverständlichkeit der Wissenschaft, und - ohne dir zu nahe treten zu wollen - das was du teilweise an Argumenten angeführt hast, entspringt leider eben diesem Bild, wie es einige Wissenschaftler gerne vermitteln.

Soweit ich weiß, hast du nicht studiert (korrigiere mich, falls ich falsch liege). Damit will ich dir in keinster Weise die notwendige Intelligenz (wäre auch Blödsinn, wenn man sich mal unter dem Großteil der Studenten umsieht) absprechen oder deine Meinung in irgendweiner weise herabsetzen, aber es ist leider so, dass man ohne tiefgreifenden außermedialen(!) Kontakt zu wisenschaftlichen Instituten eben nur die Hälfte dessen mitbekommt, was an Entwicklung in diesen Fächern geschieht.

Wie gesagt, das ist keine Herabsetzung, aber - und das wollte ich selbst lange nicht glauben - um die komplette Entwicklung zu erfassen (oder es zumindest zu versuchen, so tief stecke ich da dann auch [glücklicherweise] nicht drin) muss man sich mit diesen Strömungen möglichst da auseinandersetzen, wo sie entstehen. Und dann muss man das damit vergleichen, was von wissenschaftlicher Seite gerne in den Medien erzählt wird.

Die Wissenschaft behauptet gerne das bssere oder schlüssigere Weltbild zu haben, und um eine Bewertung der Ansichten von Wissenschaft und... ich nenne es mal "Glauben" geht es überhaupt nicht, sondern es geht darum, dass Wissenschaftler genau auf diese Argumentation zurückgreifen, um andere von ihrer Ansicht zu überzeugen. Und das funktioniert, ganz eindeutig.
Wer glaubt, dass die Wissenschaft zurecht ihr eigenes Weltbild als das kohärentere und fundiertere bezeichnet, ist genau auf die Argumentation eingegangen, die von dieser Seite gewünscht war.

Wie ich anfangs sagte, es gibt in der Öffentlichkeit eigentlich nur zwei Wege, diesen Wissenschaftlern zu begegnen. Der eine ist der Standpunkt, den z.B. die Kreationisten - oder auch der Papst (so speziell braucht man ja gar nicht werden) - einnehmen und sich durch eigene Widersprüchlichkeit zumindest nach außen hin selbst disqualifizieren, die anderen sind die Wissenschaftler, die den aktuellen wissenschaftlichen Standpunkt vertreten, aber keine so einfache Argumentation liefern können, dass sie in der Zeit eines Medienberichts wirklich zieht.

Deshalb sollte so etwas über Institutionen passieren, die genau dafür da sind, Kinder und Jugendliche zu prägen, und das ist nunmal Funktion der Schule. Und Lehrer sind Wissenschaftler (oder sollten es zumindest sein), denn ein Lehramtstudium bekommt man nicht in der Abendschule, dafür muss man studieren, und Studierende sind Wissenschaftler. (Ob sie dieser Bezeichnung immer gerecht werden, ist eine andere Sache, und sicher spielt da auch die teilweise zweifelhafte Qualität des Studienangebots eine Rolle...)

Es geht dabei längst nicht mehr um die Frage Religion oder Wissenschaft, sondern eher um den Standpunkt der Wissenschaft, und wie die Repräsentiert wird. Wer den "Glauben" in Form von Philosophie (als "Bias der Wissenschaft"), Ethik oder Wissenschaftsreflexion aus der Wissenschaft komplett ausschließt, ist eben auf einem Wissenschaftsstand, der heute nicht mehr aktuell ist, und der die ganze Diskussion in einen reinen Zweikampf zweier fundamentalistischer Parteien führt...

AiHua - 7. Juli, 13:24

Nur zum Relegionsunterricht

Meiner Meinung nach sollte es den schon geben, aber nicht religiös, sondern über. Also Religionswissenschaft sollte es sein, nicht eine Erziehung zur Religion. Dann passt das.

Und zur Wiederholung:
Und dieser Schmu, dass die Geisteswissenschaften nicht mit den anderen (den so viel objektiveren, weil empirischen) zu tun hätten, die haben genau die gleichen Gedankenebäude. Das heißt auch: "Das ist die Wahrheit, weil das sind Fakten"-Behauptungen falsch sind. Fakten werden immer intrpretiert, Feststellen ist immer eine Interpretation! Das muss, wirklich muss, klar sein.
Sag ich als Geisteswissenschaftlerin und gefallene Jüngerin der Mutter der Wissenschaft, nämlich der Philosophie... so in der Art.

Und neu dazu:
Ja, wir wissen alle, das der Mensch fehlbar und nicht fähig zu Objektivität ist, aber dadurch sollte auch klar sein, dass es die Wissenschaft auch nicht ist. Nicht weil wir womöglich falsch interpretieren, sondern unsere Annahmen, Axiome, Gedankengebäude (also die Grundstruktur allens), somit also auch die Wissenschaft an sich ein menschliches Konstrukt ist. Und damit wären wir wieder bei dem was wir ja alle wissen!!!!
Seether - 7. Juli, 13:57

Richtig, ich habe nichts studiert. Ich habe nicht mal eine Schulabschluss der auch nur entfernt das was ich hier schreibe rechtfertigt. Aber weder das eine noch das andere hält mich davon ab, mein Wissen durch das "wälzen" von Wissenschaftlichen Abhandlungen zu erlangen. Abseits der Medienlandschaften. Weil ich auf Lesch stehe (der meiner Ansicht nach ausgesprochen kritisch mit der Rolle der Wissenschaft als Aufklärer umgeht) bedeutet das nicht das Medien meine einzige Bezugsquelle sind. Natürlich kommen die "neusten" Entwicklungen erst ein bisschen später bei mir an. Aber auch Studenten werden ja nicht zwangsläufig von forschenden Leuten unterrichtet. Es ist also davon auszugehen, das ich oftmals mein Wissen ungefähr zeitgleich mit dem eines nicht forschenden Professors erlange. Der muss dieses "neue" Wissen aber erstmal an seine Studenten weitergeben. Ergo bin ich sogar einen Hauch schneller dran.

Das alles ist nichts im Vergleich zu den Glücklichen die irgendwo mitforschen dürfen. Oder den wirklich arbeitenden Theoretikern. Und ich selbst spreche mir die Kognitiven Fähigkeiten ab, alles zu verstehen was ich lese. Aber auch das fließt in meine Beurteilung der Wissenschaft mit ein. Der Fehlerquotient den ich der Wissenschaft unterstelle ist wahnsinnig hoch. Trotzdem bietet sie, auf Basis meiner Informationsbeschaffung, das entschieden aufgeklärtere Bild der Welt. Auch wenn sie keine Ahnung hat wie die Verschänkung von Elementarteilchen funktioniert und diese deswegen einfach so gut wie nicht beachtet. Oder auch wenn ihr innerhalb der Evolutionstheorie ungefähr 90 % der notwendigen Erkenntnisse fehlen um aus der Theorie eine Erklärung zu machen.
Trotz all dieser Einschränkungen hat die Wissenschaft das Leben bei weitem besser erklärt als die Religion das jemals könnte. Ich finde, diese Tatsache darf man auch ruhig vertreten.

Wie gesagt, das man die Fehler und Unwissenheiten der Wissenschaft deswegen keinesfalls unter den Tisch kehren darf, ist unbestritten. Und das man zu keinem Zeitpunkt behaupten darf, das man den Stein der Weisen gefunden hat, ebenfalls nicht. Wichtig ist, und damit hast du vollkommen recht, das Rolle der Wissenschaft und auch die Fehler die sie macht, wesentlich besser dargestellt werden müssten.
Ich glaube nicht, das es zulässig ist das die Wissenschaft sich irgendwie als "Glauben" darstellt. Wer das tut, handelt entgegen der Definition von Wissenschaft. Man sollte nur beachten was wirklich objektiv ist. Alles andere sind subjektive Meinungen.

@ AiHua

Ja und nein. Es gibt Ergebnisse die kann man nicht interpretieren. Nur ihr Auswirkung auf den Menschen. Und da passieren die Fehler. Aber objektive Ergebnisse die im Rahmen der wissenschaftlichen Spezifikationen anerkannt sind, lassen keinen Raum für Interpretation. Zugegeben, das sind eher wenige... aber es gibt sie. Und einige davon sind recht elementar. Wenn man dann darüber diskutieren kann, dann weil man ihre Auswirkungen interpretiert.

Und ist die Philosophie die Mutter der Wissenschaften?! Btw: ich würde es mich nie wagen und die Geisteswissenschaften als subjektiv zu bezeichnen. Sie sind sicherlich in vielen Bereichen sogar ungleich schwieriger als die Naturwissenschaften. Außerdem finde ich die Verknüpfung der einzelnen Disziplinen hoch spannend. Nur als ein Beispiel sei da die Neurologie und die Psychologie genannt. Ohne das wüssten wir erschreckend wenig vom Gehirn. Nein, Geisteswissenschaften gleich welcher Art haben ihre Berechtigung. Nur sind ihre Ergebnisse weit schwieriger zu handhaben als die der anderen großen Gruppe der Wissenschaft...
sjAlfur - 7. Juli, 14:32

Es geht gar nicht direkt um die Art, wie du an wissenschaftliche Erkenntnisse kommst, ich habe den medialen Weg als den problematischsten angeführt, weil es darum eingangs ja auch ging (das Interview in Kulturzeit), aber ich denke, dass man z.B. bei Lesch (den ich nur hin und wieder sehe, aber eigentlich für die mediale Präsenz ziemlich gut finde) mehr Wissenschaftstheorie mitbekommt, als in so manchem Seminar im Studium...

Aber es gibt eine Art von wissenschaftlicher Erfahrung, die man auf medialem Wege (zu den Medien gehören ja auch Bücher, Artikel, etc.) so nur sehr schwer mitbekommen kann, und das ist die direkte und anhaltende Auseinandersetzung mit fachtheoretischen Problemen, die (in einigen Fächern) sich in geführten Debatten zeigen. Eine detailgenaue Auseinandersetzung mit allem Für und Wieder zur Postmoderne lässt sich kaum auf einem anderen Wege durchgehen. Wenn man mal in seinem Studium soweit ist, dass man das ganze eigene Fach infrage stellen muss, um noch einigermaßen klarzukommen, dann ist das ein nicht ganz unwichtiger Schritt für die Beziehung zur Wissenschaft.

Und dabei merkt man zwei Dinge:
1.) Man kann und sollte Meinungen vertreten, aber niemals von Tatsachen sprechen.
2.) Es ist in letzter Instanz ALLES subjektiv. Eine Objektivität anzunehmen ist ein Stützen auf konstruierte Modelle.

Dass ein Wissenschaftler (und auch jeder andere, der sich irgendwie durchs Leben bewegt) nicht immer auf Schritt und Tritt alles reflektieren kann, ist logisch, und es soll auch nicht plötzlich ein Mathematiker anfangen, die Grundrechenarten auf den Kopf zu stellen. Aber es sollte klar sein, dass auch eine reine Betrachtung schon während der Wahrnehmung Interpretation ist. Den objektiven Blick gibt es einfach nicht.

Dass man sich eine Objektivität schafft, ist klar, aber man sollte eben nicht vergessen, dass Objektivität ein Konstrukt ist, ebenso wie Tatsachen. Das Problem, das ich anfangs angesprochen habe, ist, dass die Tiefe der Hinterfragung immer an einer Grenze enden muss, wo man einfach nicht mehr weiter blicken kann, weil es die eigenen Fähigkeiten oder das eigene Wissen oder das eigene Einfühlungsvermögen übersteigt. Man sollte sich eben bewusst sein, dass es so ist, und genau diesen Aspekt, lassen Leute wie dieser interviewte Wissenschaftler eindeutig vermissen.

Und die Philosophie als "Mutter der Wissenschaft" ist eigentlich ein ganz gutes Stichwort (finde ich): Denn im Prinzip hat die Wissenschaft als solche (im übrigen gibt es keine eindeutig allgemeingültige Definition von Wissenschaft, was eigentlich ganz gut zeigt, wie problematisch das Thema "Grrundannahmen" ist) ihren Urpsrung in Philosophischen Überlegungen. Ist schon lange her, seitdem wissen wir ziemlich viele Dinge, die z.B. im alten Griechenland nicht bekannt waren, aber die Initialzündung war ein philosophisches Gedankenkonstrukt, das den Aufbau dessen, was heute Grundannahmen sind, überhaupt erst ermöglichte.

AiHua - 7. Juli, 15:38

Also der Unterschied zwischen den Wissenschaften, egal ob in den Untergruppen der naturwissenschaftlichen oder der, der geisteswissenschaftlichen sind auch nur konstruiert. In München lässt sich das sehr gut in der Germanistik zeigen, die Nordistik ist nur entstanden, weil der Prof sich mit den anderen gestritten hat und dann innerhalb seines Schwerpunktes ein neues Institut aufgemacht hat. Von der Wissenschaft her gibt es keinen Unterschied.
Das sich allerdings die Wissenschaften untereinander streiten, sowas wie einen Paragonenstreit austragen, das liegt oftmals am Geld. Die Naturwissenschaften versuche natürlich das selbstzweiflerische Pack von Geisteswissenschaftlern herunterzusetzen, in denen sie sagen, sie allein wären objektiv, könnten es sein, weil sie empirisch vorgehen. Ja und die Geisteswissenschaften haben wirklich Jahrzehntelang sich entweder zu gut für das naturwissenscftliche Gesocks gefühlt, oder aber sich immer nur um die eigenen Belange gedreht.
Ich als Kunsthistoriker gehe genauso wie der Mediziner von Axiomen aus, oftmals sind es genau die selben.
Und mit der Philosophie meine ich ja auch nicht allein die alten Griechen. Ohne Philosophie beispielsweise nicht der Darwinismus:

"Der Entwicklungsgedanke überhaupt hat in der Philosophie von jeher Bürgerrecht besessen. Wir sind ihm schon in so frühen Erscheinungen wie Heraklit und Empedokles bei den Griechen, Lukrez bei den Römern begegnet, von Aristoteles ganz zu schweigen. In der Neuzeit sahen wir ihn zuerst bei Leibniz bedeutsam auftauchen. Indes erst in der zweiten Hälfte des 18. und zu Anfang des 19. Jahrhunderts gelangt er zu größerer Bedeutung. Nach Montesquieu wenden ihn Lessing, Herder und Kant auf die Geschichtsphilosophie, Kant-Laplace auf die Astronomie und Geophysik, Lyell auf die Geologie, die Assoziationspsychologen auf die seelischen Erscheinungen, Kaspar Friedrich Wolff und K. E. v. Bär auf die Zoologie und Embryologie an. Im 19. Jahrhundert wurde er zudem von Schelling und namentlich Hegel auf philosophischem, von Goethe, Oken, Jean Lamarck, Geoffroy St. Hilaire u. a. auf allgemein naturwissenschaftlichem Gebiete vertreten. Aber zum Gemeingut der Wissenschaft wurde er doch erst in den letzten vier Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts, und zwar in erster Linie durch das Auftreten des Engländers Charles Darwin." ->Link


Hey, aber Danke, dass Du findest, dass die Geisteswissenschaften Berechtigung haben ;-) (habe ich schon mal erwähnt, dass ich keine Ahnung habe welcher Smilie eigentlich was bedeutet... ich wollte den hier nurbenutzen, damit mein Tonfall klar wird...)
Seether - 7. Juli, 16:46

Ja, ich nähere mich bezüglich meines Verständnisses langsam dem Kern der Sache. *g*

@ AiHua
Deswegen benutze ich immer lieber Buchstaben in Sternchen anstatt Smilies. Die sind eh alle blöd!

So, hier stand schon ein relativ langer Text. Bis gerade...
Leider stimmt es das innerhalb der einzelnen Disziplinen ausgesprochenes Kindertheater herrscht. Und es mag auch stimmen das die Physiker die schlimmsten von allen sind weil sie glauben allen anderen Disziplinen die Parameter vorzugeben. Die Diskussion um den deterministischen menschlichen Verstand ist wohl nur der aktuelle Höhepunkt. Kein Teilgebiet in dem nicht irgendein Physiker versucht sich einzumischen weil er der Meinung ist das seine Teilchen (und es gibt mittlerweile genug für so ziemlich jeden Forscher) dort eine zentrale Rolle spielt. Tatsächlich stimme ich zu das gerade hier das Selbstverständnis eine große Rolle spielt. Und ich stimme auch zu, das bis zu einem bestimmten Punkt alles auf Interpretation basiert. Aber wenn ich die Welt verstehen will, muss ich Maßstäbe finden um sie zu beschreiben. Maßstäbe die möglichst frei sind von Interpretation. Wenn ich also aufschreibe was meine Experimente mir an Daten liefern dann sind diese Daten erstmal objektiv. Wenn das dann reproduzierbar ist, dann sind diese Daten signifikant objektiv. Erst in dem Augenblick in dem ich versuche mit diesen Daten die Welt zu beschreiben, versuche sie in Systeme einzubauen, beginne ich mit der Interpretation. Aber das muss sein, das lässt sich nicht vermeiden den anders kann ich keine Erklärungen für die Welt liefern. Aber Tatsache ist, das ich wenigstens objektive Daten als Basis habe. Das unterscheidet die Naturwissenschaften von allen anderen.

Man kann vermutlich noch Wochen weiter darüber diskutieren. Man kann auch noch weiter ins philosophische abdriften (womit ich mich klar ins Abseits stellen würde) und trotzdem kein Ergebnis erzielen. Klar ist, das kein Wissenschaftler dieser Welt hergehen kann und behaupten, er oder seine Disziplin könnte die Welt erklären und wäre zu 100 % objektiv. Aber Tatsache ist auch, das alle Wissenschaften deren Forscher sich an die Grundsätze und Maßstäbe der Erkenntnisgewinnung halten, sehr wohl das Recht haben zu behaupten das ihre Ergebnisse haltbarer und vielleicht auch wertvoller sind als die der Religion oder diverser Parawissenschaften.

Wenigstens meine Meinung...
sjAlfur - 8. Juli, 00:47

Naja, prinzipiell ist vermutlich der wichtigste Punkt, dass die Wissenschaftler in jedem Fall das Recht haben, ihr Weltbild als das besser begründete hinzustellen. Andererseits haben dieses Recht auch Leute, die andere wissenschaftliche Ansätze haben, auch wenn die von vielen nicht unbedingt als "richtige" Wissenschaft angesehen werden.

Es gibt z.B. Arten afrikanischen Geisterkultes, die sind eindeutig Wissenschaft, und zwar Naturwissenschaft, sie haben eigene messbare Werte, und die sind erstmal genauso richtig, wie die unserer Wissenschaft.

Letztlich kommt es doch aber darauf an, an was man selbst sich richten will. Ich persönlich richte mich nach vielen Teilen "unserer" Wissenschaft (längst nicht nach allen, denn einige finde ich wenig haltbar), deshalb bin ich aber nicht objektiver als andere, die das nicht tun. Für mich spielt Glaube aber eine ebenso wichtige Rolle, und die meisten Dinge, die ich an der "objektiven" Wissenschaft als wichtige Ausgangspunkte sehe, würden ohne diesen Glauben für mich nicht funktionieren.

Was aber ganz klar ist, und da habe ich sicherlich eine relativ extreme Haltung, bei der ich jeden verstehen kann, der das anders sieht: Wir brauchen keine Religion. Religion als Vereinigung und Standardisierung des Glaubens (und des Wissens) ist in meinen Augen nichts anderes als die Desensibilisierung jeglicher eigenen Gedanken. Religion als zu "predigendes" Weltmodell halte ich für falsch, nicht aber den Glauben. Denn auch an die Wissenschaft muss man erstmal glauben, um sie annehmen zu können.

Ich denke auch, dass wir beide mehr oder weniger dieselebn Ansichten haben, nur du glaubst halt an die "westliche" Wissenschaft etwas mehr als ich...

[Was aber auch daran liegen mag, dass ich die Wissenschaft mal mit schlechter Laune getroffen habe, und wir uns seitdem nur noch Hassbriefe aus der Ferne schreiben...]
Seether - 8. Juli, 03:25

Innerhalb der Wissenschaft zu selektieren, ist zwar vermutlich nicht erwünscht, aber immer noch eine der besten Eigenschaften die die Wissenschaft bietet. Und das ist auch das was ich an Religion immer auszusetzen habe! Religion erlaubt keinen Spielraum. Das man mittlerweile mal per Mehrheitsentscheid die Vorhölle abgeschafft hat, ist ja schon ne Leistung. Aber entweder man ist voll dabei oder einem wird das ganze Spektrum göttlicher Strafe in Aussicht gestellt. Und an dem Punkt sind wir uns absolut einig, Religion ist keine Alternative! Nicht in der Form wie sie heute vermittelt wird. Sie schränkt ein, verbietet die individuelle Entwicklung und wirft mit Dogmen nur so um sich. Das kann und darf es nicht sein...

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