Samstag, 24. November 2007

From The Sounds Inside

Geschrieben von sjAlfur unter sjAUDIO

Das Musikjahr 2007 ist für mich beendet. Mit dem Eintreffen des "hvarf/heim"-"heima"-Doppelpacks von Sigur Rós, weiß ich schon jetzt, dass ich bis Jahresende nicht mehr wirklich viel neues für mich entdecken werde...
Das Jahr war aber in einiger Hinsicht sehr ereignisreich. Neues Pumpkins-Album, Radioheads "In Rainbows", Aereogramme lösen sich auf, Standard-Artikel Nr. 32054872140356423 über Sigur Rós, mit noch mehr Platitüden in noch kürzerer Zeit...

Aber man soll ja von vorne anfangen... Und nach einem musikalisch eher mal verschlafenen Januar begann alles mit einem verpassten Konzert. "Deutschlandtour" ist ja gerne mal ein Synonym für "Wir spielen überall in deutschen städten, nur nicht in München". Und wenn dann einige interessante Konzerte anstehen, dann geschickterweise gleich drei innerhalb einer Woche. Nachdem ich Audrey und The Album Leaf live gesehen hatte, verpasste ich ausgerechnet die Visions-Party, auf der Aereogramme spielten. Im Netz hieß es, sie kämen im Herbst nochmal auf Tour. Dann ohne Visions-Party. Kurz darauf musste ich dann erfahren, dass sich die Band auflöst. Einfach so. Als Abschiedsgeschenk ein grandioses Album hinterlassend, das trotz des schonenderen Einsatzes des Gesangs mehrere vertonte Kurzdramen inszenierte, die ich zu gerne noch live gesehen hätte. Vor allem "Conscious Life For Coma Boy", "Barriers", "A Live Worth Living" und "Nightmares" machen die CD hörenswert. Zwar findet sich kein neues "Wood" auf dem Album, auch die Horror-Anleihen der "Seclusion" finden sich nur teilweise wieder (bei "Nightmares" z.B.), aber wer auch die ruhigeren Seiten wie bei "A Simple Process Of Elimination" mag, und ein gelegentlich an den Rand von etwas zu viel Harmonie Abgleiten wie auch schon bei "In Gratitude" auf der "Sleep And Release" verkraftet hat, der hätte diese Band sicherlich länger aktiv gesehen...

Aber der Schock hält nicht ganz so lange, wenn man sieht, wieviele Reunions es aktuell gibt. Vielleicht sind auch irgendwann wieder Aereogramme dabei, wer weiß... Eine dieser Reunions, die mich besonders interessierte, war natürlich die Neuformierung der Smashing Pumpkins. Ich gebe zu, vorher mit etwas Sorge auf die neuen Lieder gewartet zu haben, denn ich mochte ZWAN nur ein ganz kleines bisschen (hauptsächlich dann, wenn es Billy Corgan solo mit Akustik-Gitarre war...), und Corgans Solo-Album "TheFutureEmbrace" war ein interessantes Experiment, kein schlechtes Album aber an einigen Stellen eindeutig mehr für den Autor als für den Hörer gedacht.
Die Pumpkins ohne James Iha (und D'Arcy, wobei eine Rückkehr von der Original-Bassistin so wahrscheinlich war wie ein neues Guns'n'Roses-Album noch in diesem Jahrzehnt) mussten anders werden. Dessen war sich wohl so ziemlich jeder bewusst, der sich nicht durch jahrelanges "aber Corgan ist doch die Band, ein Diktator, ein Despot"-Gesülze der Musikpresse zu sehr hat vereinnahmen lassen.
Das Ergebnis - "Zeitgeist" - ist dann eigentlich die Konsequenz aus der Entwicklung geworden. Ein neues Album, das in gewisser Weise einem guten Debut-Album ähnelt. Und im Prinzip ist s das auch, denn der Findungsprozess ist zu spüren. Corgan-Chamberlin verkörpern dabei eindeutig die brachiale Facette des alten Pumpkins-Konzeptes. Das Album ist gut, keine Frage, vor allem wenn man auf die am Rande nörgelnden Stimmen hinweghören kann, dass "Zeitgeist" ja kein neues "Siamese Dream" sei (erschreckend, wieviele "Fans" genau dieses Genöle seit 1993 beständig aufrecht erhalten...), aber es wirkt stellenweise so, als hätten die neuen Pumpkins (auf dem Album ja nur Corgan und Chamberlin) versucht, mit möglichst viel Krach jede aufkeimende Unsicherheit zu übertönen. "Zeitgeist" ist Alternative Rock. Vielleicht manchmal schon etwas mehr Hard/Stadion-Rock und etwas weniger Alternative. Was im Gegensatz zu früher fehlt, sind die filigranen Teile. "MACHINA/The Machines Of God" hat gezeigt, dass es nicht zwangsweise ein Akustigitarrenstück braucht, um ein gutes Pumpkins-Album zu machen, aber "Zeitgeist" ist streckenweise zu sehr Brett. Die Dynamik fehlt, die leisen Feinheiten im Hintergrund. Der Raum des Klanggewands wird eng angesichts des In-Die-Fresse-Schlagzeugs und der dick gemauerten Gitarrenwände. Das liegt wohl auch daran, dass dem Album ein nicht-bandinterner Produzent fehlt, der das Album als ganzes begleitet hat. Terry Date und Roy Thomas Baker sind sicher gute Produzenten, die auch wissen, wie sie einen Song richtig fett machen können, aber nur die Band als Produzenten für das gesamte Album... das Risiko war groß und ging teilweise daneben... Auch technisch ist bei der Zeitgeist teilweise viel zu viel nur auf laut gemischt... Das ist insofern schade, weil dadurch etwas die Abwechslung verloren geht. Die älteren Alben habe ich teilweise in jeder Stimmung hören können, die "Zeitgeist" hat diese Kompatibilität leider nicht. Aber da ich davon ausgehe, dass es wohl noch weitere Alben geben wird, und die Pumpkins bisher nie gleich klangen, ist die Hoffnung jetzt größer als vor "Zeitgeist"...

An dieser Stelle ein Einwurf: Ein Album, was ich nicht gekauft habe, weil ich es bisher ganz einfach (auch aus finanziellen Gründen) vergessen habe, das aber gemessen an dem, was ich bislang gehört habe, unbedingt wert ist, in meinen Besitz zu wandern, ist "North" von Logh. Ich mochte das Debut-Album, ich habe "The Raging Sun" geliebt, habe nach laangem Anlauf auch zu "A Sunset Panorama" gefunden, "North" klingt fast wie eine Vereinigung aus allem... homogen natürlich.

Ein Lieblingsgenörgel des Jahres war das Doof-Finden der Björk-Timbaland-Collabo. Zu Unrecht, wie ich finde, denn wenn man Björks "Volta" hört, stellt man fest, dass es darauf noch weitaus schlimmere Dinge gibt als die Timbaland-Produktionen. Und das tut richtig weh... Die Maxime, kein Konzeptalbum zu machen in allen Ehren, auch darf Björk sicher gerne mal anders klingen, aber bitte doch nicht so belanglos. Zwei Lieder mit Timbaland, die (für meine Begriffe) schlecht gemischt sind, ein ganz nettes Konzept haben aber irgendwie doch etwas zu ähnlich klingen (vielleicht ist das auch alles, was Timbaland und Björk als Schnittmenge haben... wäre irgendwie beruhigend...), zwei Duette mit einem Sänger, dessen Stimme ich nicht mag, und der so überhaupt nicht zu Björk passen will, Reminiszenzen an frühere Karriereabschnitte wie das zumindest als einzelnes Lied ganz nette "Declare Independence" oder das an die formlosen Vespertine-Stücke erinnernde "Vertebræ by Verterbræ", das aber ohne umgebendes Album-Konzept nur blass wirkt, und noch ein paar weitere Stücke, die ich mittlerweile (zu Recht) vergessen habe.
Einziger Lichtblick ist, dass mit "Wanderlust" ein einzelnes Stück auf dem Album ist, das sich scheinbar mühelos zwischen "Jóga", "Hyper-ballad", "Oceania" und "Pagan Poetry" einreiht. Ich glaube ja, dass Björk beim nächsten Mal wieder ein Konzept ausgräbt, das nicht das Konzept "Scheiß aufs Konzept mit Schiffströten" ist. Und dann wird die Welt wieder gut. Für mich zumindest.

Ein weiterer Einwurf: Gravenhurst. "Flashlight Seasons" war ein gutes Album. "Fires In Distant Buildings" mochte ich sogar noch mehr. Die neue CD habe ich nicht. Und irgendwie habe ich ein wenig das Interesse an ihr verloren, nachdem ich drei Lieder daraus gehört habe, die exakt so klangen, als könnten sie auf "Fires In Distant Buildings" sein. Austauschbar... Ich will Gravenhurst nichts böses unterstellen, aber ich hoffe, sie enden nicht wie HIM, Korn oder AC/DC, die x-mal das selbe Album rausgebracht haben... naja, zumindest hoffe ich, das wenn dem so ist, nur meine Ignoranz Schuld daran ist, dass ich es für immer gleich halte...

Zu Radioheads "In Rainbows" könnte ich mich ebenfalls in unterschiedlichste Richtungen auslassen, aber das hat schon jemand anders sehr exzellent getan...

[...fehlen noch Sigur Rós, aber dafür fange ich einen neuen Beitrag an. Erstens weil das hier sonst zu lang wird, und zweitens weil mir das zu wichtig ist, um dem keinen eigenen Beitrag zu geben...]


.x... sjÁlfur

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AiHua - 24. November, 16:19

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