Sonntag, 28. Oktober 2007

"conscious life for coma boy"

Geschrieben von sjAlfur unter 2046

A potent mix of wonder
Ignorance and fear
A place to hide under
A secret place to keep
Self-serving answers
Paper-thin belief
Come bury your soul with me

I know I'd like a conscious life
I don't know how to get there
I don't know how to get there
So keep me right
We're wasting time
I don't know how to get there
I don't know how...

Awaken
Stand up and fight
For all you've yet to know
Coma boy


[ "conscious life for coma boy" - aereogramme ]


Was immer gleich bleibt, sind die Grenzen. Als Kind sah ich zum entfernten Waldrand und wusste, eines Tages weiß ich, was dort hinter liegt. Wir wohnten im Odenwald mit seinen Hügeln und engen Tälern, der Horizont war ebenso nah wie der nächste Waldrand, weit blicken konnte man dort nicht (was man an einigen Bewohnern dort auch immer wieder feststellen musste... sie konnten eben nichts dafür, dass sie so scheiße waren... [ist "scheiße" klein geschrieben eigentlich ein Adjektiv?]). Die Grenzen waren nah und erreichbar. Irgendwann. Wir gingen oft spazieren in der Zeit, streiften Waldränder, durchbrachen sie, setzten Fixpunkte wie Knoten in einem neuronalen Netz. Vom Zimmerfenster meiner Schwester aus sahen wir hinter dem Neubaugebiet den Funkumsetzer auf einer kleinen grünen Wiese direkt vor einem Waldrand. Mein Vater hatte mir schon oft erklärt, dass der hohe Mast, an dem wir an dem ein oder anderen Sonntag vorbei gingen und der auf einer weiten, großen grünen Wiese stand, die sich in unendlich scheinender Ferne ins Tal beugte, genau der Umsetzer war, den man von zu Hause aus sehen konnte. Ich wusste das. Ich glaubvte es aber nicht sofort. Die Wiese schien von unserem Haus aus so klein, ebenso der Umsetzer. Und das Haus war so groß (jedenfalls ein Vielfaches unserer Wohnung, in der ich mit meinen Eltern und meinem Bruder bis zur Geburt meiner Schwester gelebt hatte). Das Verhältnis musste sich erst zurechtrücken.
Als ich irgendwann die Bezüge hergestellt hatte, wie ich mich in meinem Zimmer in unserem Haus in der großen weiten Welt ( = von hier bis zum nächsten Waldrand/Horizont) verankern sollte, zogen wir um. Im Norden waren die Ebenen weiter, die Hügel vergleichsweise lächerlich (auch wenn ich diese Ansicht beim Radfahren hin und wieder etwas relativiert habe... tückisch!)... die Sicht war weiter, mein Verständnis auch. Und trotzdem gab es Grenzen. Ich suchte mir zu der Zeit die Waldränder, die den Weg vom Unbekannten dahinter trennten. Die in Waldstücke gerodeten kleinen Weiden mit ihren knorrigen Zäunen, die wie ein Puffer zwischen mir und dem Dunkel der Tannen lagen. Und der ferne Horizont war noch immer die Grenze. Lange Zeit...
Als Kind stellte ich mir vor, wie es wohl wäre, in einen dieser Wälder zu gehen und irgendwo herauszukommen, wo noch niemand gewesen ist. Später stellte ich fest, dass ich nur auf den Globus meines Bruders sehen musste um festzustellen, dass ich wohl irgendwann wieder an einen bekannten Ort kommen werde. Es gab nichts neues mehr, und der Gedanke war verstörend.
Sehr viel später stellte ich dann fest, dass es nicht die unbekannte Weite dahinter, sondern der unbekannte Kern ist, der das eigentlich faszinierende sein muss. Ein Wald kann mir von allen Waldrändern ringsum bekannt sein, doch sein Inneres sehe ich erst, wenn ich die Grenze, den Waldrand überschreite.

Und so ist es heute, solange es noch auch nur den kleinsten Quadratmeter auf dieser Welt gibt, den ich nicht betreten habe, brauche ich mir um die Langweiligkeit der Welt keine Gedanken machen. Und das sollte mich die nächsten paartausend Jahre beschäftigen, denke ich. Und irgendwie liegt in dieser (zugegeben: nicht besonders intelligenten) Einsicht etwas, was sich übertragen lässt... Ich weiß noch nicht wie, aber ich komme schon noch dahinter...


Xylo


[ edit ]

Nostalghia

Geschrieben von sjAlfur unter 2046

Beginnen wir mit Berlin. Als ich mit der S-Bahn durch die Stadt fuhr, kam mir die - vermutlich sehr ausgetretene - Idee, Fotos zu machen und sie nebeneinander zu stellen. Links die Bauruinen, rechts die modernen Bauten, die in der Realität bunt gemischt nebeneinanderstehen. Zwein Herzen in einer Brust, in vielerlei Hinsicht, ist ja bekannt. Wobei, wie ich im Beitrag zuvor festgestellt habe, es müssten eher zwei Pulsschläge in einem Handgelenk sein. Oder einfach nur das linke und das rechte? Irgendwo (spätestens) hier beginnt der Vergleich zu hinken. Deshalb lass ich das mal lieber.

Wenn man mit der Bahn fährt oder die belebteren Straßen betrachtet, bekommt man ein Bild von der Stadt. Natürlich behaftet mit Vorurteilen und Klischees, aber es ist ein Eindruck, kein wissenschaftlicher Bericht. Und die alten Menschen auf den Straßen, in den Geschäften und Bahnen, halten diesem Eindruck einen Spiegel vor.
In Berlin saß ich drei alten Frauen gegenüber, die vermutlich alle jenseits der 80 waren. Achtzig Jahre Berlin, rechnet man das zurück, steht man im Jahr 1927 in einer völlig anderen Stadt. Und auf eine schwer zu benennende, subtile Art kann man den Lauf der Zeit sehen, wenn man in ihre Gesichter blickt. Und dann wechseln sich die alten Bauruinen, einsturzgefährdeten Plattenbauten, modernen, gläsernen Firmengebäude, Bunkertüren im Berliner U-Bahn-System, Lichtinstallationen an der Oberbaumbrücke, von verschiedenster Hand abgerissene Paläste und Schlösser, Fernsehtürme, an der Autobahn stehende Rennstreckentribünen, Tore ohne Mauer und Säulen ohne Sieg in so schneller Reihenfolge ab, dass man sich einen Moment lang fragt, wo in dieser langen Kette an Bildern man eigentlich in diesen Film einsteigen will...

Ich steige hingegen aus und begutachte die Fans von Union Berlin, die dem Ostkreuz schon fast so etwas wie einen Funken Lebensfreude geben. Mein Bruder sagte nur wenige Minuten vorher, dass das Südkreuz wohl so ziemlich der hässlichste Bahnhof sei, den er kenne. Ich war dda schon. Ich kann mich nicht mehr so ganz deutlich daran erinnern, aber... hier am Ostpunkt des Rings ist es auch nicht wirklich schöner.
Ausstieg Storkower Straße. Zu deren Entschuldigung muss man vielleicht sagen, hier waren die Viehhöfe, auch wenn ich nicht weiß, inwiefern das wirklich die Umgebung entschuldigen soll. Am Gelände des Studentenwerks steht ein Schild "Betreten und Befahren auf eigene Gefahr". Am Tag zuvor hat mir Niels erzählt, die leerstehende Häuser neben seinem Wohnheim wären so marode, dass schon hin und wieder Balkone heruntergefallen sind. Ich danke der Tatsache, dass die Balkone auf der anderen Hausseite sind, und gehe weiter.

In Berliner Nostalgie zu verfallen ist gefährlich. Keine Frage. Ebenso gefährlich, wie sie zu ignorieren. Und trotzdem: Wenn es irgendeinen Ort gibt, der allen wochenlangen Depressionen und allen ausufernden, funkensprühenden und selbstzerstörerischen Hochphasen eine Kulisse gibt, dann ist es diese Stadt. Wieviele großartige Ideen, megalomanische Projekte und zum Scheitern verurteilte Selbstheilungsversuche auf halber Strecke im Sande verlaufen können, Berlin zeigt es.
Und so wird es wohl ein weiterer Ort, den ich - wie jeden meiner Wohnorte zuvor - abgöttisch lieben und noch viel mehr hassen werde. Vielleicht intensiver, wer weiß das schon...?


.x... sjÁlfur


[ epilog ]
als ich dan aus berlin fort fuhr, lief im auto "the destruction of small ideas". aber nur ganz leise, eine kleine reminiszenz an mich selbst...

Das Ende der Saison

Geschrieben von sjAlfur unter 2046

"An den verwaisten Fahnenmasten klopfen lose Leinen
Und irgendwo dort drüben schlägt ein Gartentor im Wind.
Wie all diese Geräusche deutlicher und lauter scheinen,
Wenn erst die lauten Stimmen der Saison verklungen sind!"

[ "Ich liebe das Ende der Saison" - Reinhard Mey ]


Wieder zurück im Süden. Eine Woche und sechs Tage, zwei Orte, zwei Meinungen. Ich stand eine Stunde vor der Abfahrt an meinem alten Zimmerfenster im Haus meiner Eltern und sah in das Regengrau, über das schützende Dämmern des Balkonvordachs auf die in Pfützen schwimmenden Äpfel auf dem Wellblechdach des Carports. Ein Blick, der immer mit Nüchternheit verbunden war - meistens in Bezug auf Alkohol, vor allem früher. Heute ist es eher ein Spiegel von Rückkehr. Wie die ganze Stadt (zumindest hält sie sich dafür). Es ist, als könne man für ein paar Tage durch den Rahmen eines alten Fotos treten, das ansonsten irgenwo in einer Kiste auf dem Dachboden verstaubt. Ein Teil des Lebens, ein kleiner Splitter, nicht mehr. Und der ist auch vollkommen ausreichend.
Man trifft andere Statisten dieser Zeit, sucht nach Hauptrollen, die - ist man ehrlich - niemals existierten und fragt nach dem Spin-Off, das soviel interessanter scheint. Manches davon liegt näher, manches... eben nicht. In der Ferne. Man kann es nicht ändern, und das ist auch ganz gut so. Für eine Ration Melancholie reicht es, ansonsten kehren wir zurück zum hier und jetzt...

...das hatte ich - ironischerweise - eine Woche zuvor. Berlin, Drehort vieler Handlungsstränge der sepiafarbenen Serie früherer Tage, ist irgendwie doch wie ein Puls der Welt. Wenn auch nicht das Herz (was für die Welt im Großen und Ganzen wohl auch besser ist...). Einige Erkenntnisse zieht man, ein paar davon sind eigene Beiträge wert, andere sind zu persönlich. Nichts, was ein Weiterschreiben hier rechtfertigen würde...

Die Gelassenheit des angehenden Herbstes jedenfalls wird im Schrank verstaut, sie ruft mir noch dumpf hinterher: "Wir sehen uns im nächsten Frühjahr!" Ich schaue auf die Uhr, dann auf den Kalender und frage mich, was ich wohl an der Zeitumstellung falsch verstanden habe...


.x... sjÁlfur

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