Samstag, 11. Oktober 2008

ensemble c'est tout

Geschrieben von sjAlfur unter sjÁlfurs idols

Unterhaltung ist gut. Sowas bauch der Mensch manchmal. Ich habe oft Probleme meine Konzentration lange aufrecht zu halten, wenn ich lese oder - noch schlimmer - einen Film sehe. Der Drang die eigenen Hände zu Stift, Tastatur, Gitarre, etc. zu bewegen ist meistens zu groß.

Wenn man fast eine Woche krank ist, ändert sich so etwas aber manchmal, und so habe ich in letzter Zeit drei Bücher und einen Film überstanden. Deshalb fällt das notorische "ich poste, was ich mir aus den Fingern gesogen habe" diesmal flach, stattdessen einen Überblick über dreimal Buch und einmal Film, alle empfehlenswert... für die richtige Zielgruppe zumindest:


"Venice" - Armin Mueller-Stahl
In einer kleinen Buchhandlung nahe der Prerower Seebrücke gekauft hat das Buch keine zwei Tage gehalten. Ich mag Armin Mueller-Stahl als Schauspieler, habe auch einige seiner Bilder gesehen, die mir gefallen haben (völlig ohne fachkundige Beurteilung), gelesen habe ich bisher nur Auszüge aus "Hannah".
In "Venice" geht (der (teils) fiktive) Mueller-Stahl die Wette ein, er könne über jeden Menschen, der älter als 40 ist, einen interessanten Dokumentarfilm machen. Er zieht los und landet sofort einen Volltreffer. Sein Filmobjekt erzählt ihm über sein Leben und vor allem das seines Vaters, verstrickt das in seine etwas eigenen Ansichten...
Es liest sich eigentlich wie eine Charakterstudie, bei der man nicht immer weiß, in wessen Sicht man sich gerade befindet und wo die Grenzen zwischen den beiden Personen sind, die jedoch von ihrer Grundanlage sehr verschieden sind. Unterstützt wird dieser Eindruck auch durch das Fehlen von Anführungsstrichen. Es wird zu einem Mittelding aus direkter und indirekter Rede, bei der man hin und wieder den Eindruck hat, sie wäre vielleicht der ehrlichste Weg, die Gespräche wiederzugeben...
Da Subjektivität, Sichtweisen und deren Darstellung bei mir - auch studienbedingt - mittlerweile zu einer Art zwanghaftem Dauerhobby geworden sind, kam mir das Buch natürlich sehr entgegen. Auch das Ende, das in der Rahmenhandlung ein Stück zu früh scheint, passt sehr gut, wobei ich zugeben muss, die letzten Seite zweimal gelesen zu haben, um mir ein Bild davon zu machen, warum der Autor hier aufhört...


"Picknick am Wegesrand" - Arkadi und Boris Strugatzki
Als großer Fan von Tarkovskjs "Stalker" stand dieses Buch eigentlich auf meiner "Muss ich lesen!"-Liste, seitdem ich den Film zum ersten mal gesehe habe. Mein erster Eindruck war, dass der Ton des Buches eher als Vorlage für Kubrick gepasst hätte, als für Tarkovskj. Der Ton ist rauer, die Figuren sind es ebenso, allen voran der Protagonist Roderic Schuchardt. Zumindest im ersten Teil des Buches, der aus seiner Sicht erzählt wird.
Doch gerade gegen Ende des Buches wandelt sich der Charakter und fügt sich nahtlos in die melancholisch-verfallende Grundstimmung ein, die bei Tarkovskj den ganzen Film ausmacht.
Was passiert in dem Buch? Kurz zusammengefasst: Die Erde hat außerirdischen Besuch vom Planeten Deneb bekommen. Dieser Besuch kam und ging, bevor die Menschen ihn zu Gesicht bekamen, hinterließ aber die "Zonen", Spuren der Verwüstung, der Veränderung und der Artefakte. Die Zonen sind gefährlich, aber eine große technologische und ökonomische Chance zugleich. Während die Wissenschaftler die Zone vorsichtig erforschen und das Militär diese für alle anderen Menschen abriegelt, schleichen sich einige Hasardeure immer wieder in die Zone... vor allem um Geld zu machen.
Während das Buch relativ universell die Reaktionen der Menschen und der Menschheit an sich betrachtet, fokussierte sich Tarkovskj konkret auf die wissenschaftlichen und unwissenschaftlichen Sichtweisen, die ihre Schnittstelle im Protagonisten finden, der - wie sein Gegenstück im Buch - ebenfalls vor allem eigene Interessen zu verfolgen scheint... bis er diese dann - scheinbar - erreicht.
Ich empfehle hier wirklich Buch und Film in Kombination, in welcher Reihenfolge ist dabei ziemlich egal, sie ergänzen sich gegenseitig.


"Buntschatten und Fledermäuse" - Axel Brauns
Das Buch hat mir eine Freundin im Urlaub empfohlen, als wir in den Dünen saßen und weitestgehend motivationslos im Sand rumwischelten.
Das Buch ist die autobiographische Erzählung der Kindheits- und Jugendzeit des Autors, der mit dem Asperger Syndrom aufgewachsen ist (bzw. korrekterweise muss man wohl sagen, dass er das Asperger Syndrom hat... soweit ich weiß, wird man das nicht los...).
Das Faszinierende an dem Buch ist, dass man sich nach einiger Zeit fragt, ob man als Kind nicht selbst autistische Züge hatte; oder sogar noch hat. Erst mit der Zeit habe ich gemerkt, das das vor allem daran liegt, dass der Autor vor allem die Kindheitserlebnisse so schildert, dass man sich selbst in diese Situationen reinfühlen kann, zwar immer beeinträchtigt von den Schwierigkeiten des Autismus, aber dennoch nah an der eigenen "maren" Entwicklung.
Aufwachsen hat doch immer etwas mit Selbsterkenntnis zu tun, mit dem Finden des eigenen Ich bedingt durch das eigene Umfeld, auch wenn man nicht - wie der Autor - andere Menschen als schattenhafte Wesen sieht, bei denen er sich erst spät die Frage stellt, ob diese vielleicht tatsächlich eigene Gedanken und Gefühle haben könnten...
Abgesehen davon ist das Buch im übrigen sehr gut geschrieben, und auch wenn Autismus nichts wirklich lustiges ist, das Buch bringt einen zum Lachen. Meistens dann, wenn man merkt, dass man die Sichtweise des Protagonisten eher nachvollziehen kann als die scheinbar konventionelle, die dieser gegenübersteht.


"Zusammen ist man weniger allein"
In diesem Fall geht es um den Film, auch wenn es hierzu ebenfalls eine Romanvorlage gibt, die ich aber nicht gelesen habe. Der Film machte vom Trailer ausgehend einen ganz netten Eindruck, und da ich ja eh dazu neige alle Filme mit Audrey Tautou relativ unreflektiert zu kaufen (außer den "Da Vinci Code"... ich habe ihn gesehen und es war klug, den nicht zu kaufen...), lag die DVD zu "Ensemble c'est tout" (der französische Titel klingt einfach besser) logischerweise irgendwann in meinem virtuellen Warenkorb.
Der Film ist gut, um das wichtigste gleich vorweg zu nehmen. Er ist nicht vergleichbar mit Jeunets Filmen, die eine ganz andere Ebene von Kunstfilm mit reinbringen ("Amélie", "Mathilde"... aber auch "Delicatessen"...), aber er hat doch eine ähnliche Detailverliebtheit und Charaktere, die so kantig sind, dass man gar nicht anders kann, als sich mit ihnen zu identifizieren.
Die Handlung ist nichts überragend neues, vier einigermaßen ungleiche Leute leben vorübergehend in einer WG zusammen und lassen Lebenseinstellungen und ungewollte Philosophien kollidieren und miteinander reagieren. Doch wenn das Setting und die Charaktere stimmen, ist zuviel Handlung ohnehin nicht selten eine Gefahr.
Soll heißen: Toll, wenn man einen ruhigen, gut gemachten Film sehen will, der einen mitreißen kann. (Und der Beweis, dass Audrey Tautou wohl mit jeder Frisur gut aussehen kann... auch wenn sie in dem Film - gemäß ihrer Rolle - definitiv zuviel Rippen zeigt...)


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